Coronavirus – abgesagte Veranstaltungen, geschlossene Fitnessstudios – wer zahlt?

 

Inzwischen hat die Bundesregierung aufgrund des Coronavirus ein Kontaktverbot verhängt. Die Menschen dürfen zwar ihre Wohnungen noch verlassen, allerdings sind Ansammlungen von mehr als zwei Personen verboten. Eine Ausnahme besteht für Familien sowie für in einem Haushalt lebende Personen. Das bedeutet auch abgesagte Veranstaltungen, geschlossene Fitnessstudios und keine Vereinsaktivitäten. Auf welchen Kosten bleiben Sie sitzen, welche werden Ihnen erstattet?

Kernfrage in den Rückerstattungsfällen wird in der Regel die Frage sein, ob das Coronavirus „höhere Gewalt“ darstellt. Wenn das Coronavirus höhere Gewalt ist, können sich viele Dienstleister auf Unmöglichkeit berufen. Die Folge ist, dass sie nicht mehr leisten müssen.

 

Coronavirus als höhere Gewalt

Unter höhere Gewalt fallen allgemein z.B. Naturkatastrophen (Überschwemmungen, Erdbeben etc.), aber auch Krieg, Sabotage, Reaktorunfälle oder, in bestimmten Fällen, Streiks. Ob das Coronavirus ebenfalls höhere Gewalt ist, lässt sich nicht eindeutig sagen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) definiert als höhere Gewalt „ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes, auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis.“ Höhere Gewalt dürfte zumindest aktuell noch nicht vorliegen. Zwar haben wir eine steigende Zahl von Infektionen, allerdings dürfte das vom BGH definierte Maß noch nicht erreicht sein. Allerdings sollte das Coronavirus zumindest in Verbindung mit behördlichen Auflagen und Maßnahmen dazu geeignet sein, höhere Gewalt auszulösen.

 

Geschlossene Fitnessstudios

Da die Fitnessstudios schließen mussten, ist es ihnen unmöglich, ihren Teil des Vertrags zu erfüllen. Der Kunde kann das Studio nicht nutzen. Es liegt eine sog. Vertragsstörung vor. Das unternehmerische Risiko liegt beim Unternehmer. Damit verliert das Fitnessstudio gemäß § 323 BGB seinen Anspruch auf Zahlung des Monatsbeitrags. Wurde bereits der volle Jahresbeitrag entrichtet, muss dieser anteilig für die Zeit, in der das Studio wegen des Corona-Virus geschlossen ist, erstattet werden.

 

Keine Vereinsaktivitäten

Grundsätzlich dürfen Vereinsmitglieder ihren Mitgliedsbeitrag weder einbehalten noch mindern. Auch steht ihnen kein Sonderkündigungsrecht zu. Hintergrund ist, dass der Mitgliedsbeitrag gerade nicht die Gegenleistung für vom Verein erbrachte Leistungen ist. Vielmehr dient der Mitgliedsbeitrag dem Fortbestehen und der Aufgabenerfüllung des Vereins. Ob im Rahmen der Corona-Krise etwas anderes gelten kann, wird derzeit von vielen Juristen diskutiert. Da der Verein seinen Mitgliedern in der Regel keine vertragliche Gegenleistung in Form von Aktivitäten schuldet, gehe ich derzeit nicht davon aus, dass Beiträge einbehalten oder zurückgefordert werden können.

Etwas anderes gilt dann, wenn man für einen Kurs im Sportverein neben dem Mitgliedsbeitrag eine Kursgebühr zahlt. In diesem Fall liegt Unmöglichkeit der Leistung vor; die Kursgebühr muss nicht gezahlt werden.

 

Abgesagte Veranstaltungen

Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Rückerstattung des gezahlten Ticketpreises. Da der Veranstalter die vertraglich vereinbarte Leistung, die Durchführung der Veranstaltung, nicht erbringt, verliert er den Anspruch auf den Kaufpreis des Tickets.

Dabei spielt es keine Rolle, ob der Veranstalter das Event freiwillig absagt oder von Behörden dazu verpflichtet wurde. Viele Veranstalter berufen sich allerdings auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in welchen sie die Haftung für höhere Gewalt ausgeschlossen haben. Ein solcher Haftungsausschluss gegenüber Verbrauchern stellt in der Regel eine unangemessene Benachteiligung dar. Die Folge: Der Haftungsausschluss ist unwirksam.

Etwas anderes gilt wohl dann, wenn der Veranstalter die Veranstaltung freiwillig absagt, weil ihm aufgrund behördlich auferlegter Pflichten ein unzumutbar großer Aufwand entstehen würde. Dann liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB vor. Der Veranstalter könnte theoretisch zwar leisten, die Leistung ist ihm aber aufgrund von schwerwiegenden Veränderungen der Umstände nach Vertragsschluss nicht zumutbar. Greift § 313 BGB, muss zunächst versucht werden, den Vertrag anzupassen – beispielsweise durch eine Ersatzveranstaltung. Dabei muss allerdings auf die Interessen beider Parteien Rücksicht genommen werden. Ist eine Vertragsanpassung nicht möglich oder für eine Partei nicht zumutbar, besteht ein Rücktrittsrecht. Unklar ist hier, ob es für den Verbraucher überhaupt zumutbar sein kann, dass er zur Wahrnehmung eines anderen Termins verpflichtet werden kann.

Für eine abgesagte Veranstaltung muss daher in der Regel, je nach Einzelfall, kein Eintritt gezahlt werden. Wurde der Eintrittspreis bereits entrichtet, besteht ein Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises und etwaig entrichteter Gebühren. Das Angebot eines Veranstalters, Ihnen über den von Ihnen gezahlten Betrag einen Gutschein auszustellen, müssen Sie nicht akzeptieren.

 

Verschobene Veranstaltungen

Wurde die Veranstaltung nicht ersatzlos gestrichen, sondern lediglich verschoben, liegt in dem Nachholtermin lediglich ein neues Vertragsangebot des Veranstalters. Wichtig: Er kann damit nicht den ursprünglich geschlossenen Vertrag erfüllen, wenn in diesem Datum und Uhrzeit der Veranstaltung festgelegt waren.

Dem Verbraucher dürfte es unzumutbar sein, zur Wahrnehmung an einem anderen Termin verpflichtet zu werden. Hat er also beispielsweise am Nachholtermin keine Zeit, sind ihm Kaufpreis und etwaige Gebühren zu erstatten. Auch hier müssen sie keinen Gutschein des Veranstalters als „Rückzahlung“ akzeptieren.

Generell gilt auch hier das unter Abgesagte Veranstaltungen Gesagte zur Störung der Geschäftsgrundlage.

Viele Veranstalter haben in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegt, dass kein Geld erstattet wird, wenn der Nachholtermin nicht wahrgenommen wird. In dieser Klausel dürfte eine unzumutbare Benachteiligung des Verbrauchers liegen. Die Folge: Die Klausel ist unwirksam.

 

Besonderheit: Dauerkarten

Bei Dauerkarten ist die Rückerstattung problematisch. Am besten fragen Sie hier direkt bei dem Veranstalter nach, wie die Konditionen für eine Rückerstattung sind.

 

Kita-Gebühren

Bundesweit sind alle Kindertagesstätten und Schulen geschlossen. Ob Eltern für diese Zeit die Kita-Gebühren zurückerhalten, ist bundesweit nicht einheitlich geregelt. Vorsorglich sollten Sie die Kita-Gebühren ab sofort „unter Vorbehalt der Rückforderung“ leisten. Dies geben Sie am besten unmittelbar im Verwendungszweck der Überweisung an.