Coronavirus – die wichtigsten Infos zur Kurzarbeit
In den letzten Wochen mussten viele Unternehmen aufgrund des Coronavirus den Betrieb reduzieren oder sogar schließen. Beinahe überall kommt es zu massiven Umsatzeinbußen. Damit die Mitarbeiter dennoch nicht entlassen werden müssen, haben Unternehmen die Möglichkeit, Kurzarbeit anzumelden. Aufgrund der Corona-Krise wurden die Voraussetzungen hierfür rückwirkend zum 01.03.2020 nunmehr erleichtert. Die Erleichterungen sollen vorläufig bis 31.12.2020 gelten.
I. Voraussetzungen
1. Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall
2. Betriebliche Voraussetzungen
3. Persönliche Voraussetzungen
4. Anzeige des Arbeitsausfalls
II. Bezugsdauer
III. Höhe der Bezüge
IV. Verhältnis von Entgeltfortzahlung und Kurzarbeitergeld
V. Selbständige
VI. Wichtig für Arbeitgeber
VII. Wichtig für Arbeitnehmer
I. Voraussetzungen
Die Voraussetzungen finden sich in § 95 ff. SGB III. Nach § 95 SGB III müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall
- Erfüllung der betrieblichen Voraussetzungen
- Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen
- Anzeige des Arbeitsausfalles bei der Agentur für Arbeit
1. Erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall
Damit ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall im Sinne des SGB III vorliegt, müssen mehrere Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sein.
Wirtschaftliche Gründe/unabwendbares Ereignis
Der Arbeitsausfall muss zunächst auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen. Unabwendbare Ereignisse sind beispielsweise behördlich veranlasse Maßnahmen (wie Quarantäne) oder außergewöhnliche Witterungsverhältnisse. Wirtschaftliche Gründe liegen vor, wenn es keine Aufträge mehr gibt, diese storniert wurden oder aufgrund fehlenden Materials nicht ausgeführt werden können.
Nur vorübergehender Arbeitsausfall
Der Arbeitsausfall darf nur vorübergehend sein. Er ist vorübergehend, wenn damit gerechnet werden kann, dass innerhalb der Bezugszeit von Kurzarbeitergeld wieder Vollarbeit eintritt.
Unvermeidbarer Arbeitsausfall
Der Arbeitsausfall muss unvermeidbar sein. Dabei sind folgende Punkte zu beachten:
a) Der Arbeitsausfall darf nicht auf branchenüblichen, betriebsüblichen oder saisonbedingten Gründen beruhen (§ 96 Abs. 4 SGB III). Zudem müssen zunächst Überstunden- und Arbeitszeitkonten abgebaut werden.
b) Nicht erforderlich ist es bis 31.12.2020, dass negative Arbeitszeitsalden aufgebaut werden.
c) Unternehmen müssen zunächst prüfen, ob sie Mitarbeiter vorübergehend in einen anderen Bereich bzw. eine andere Abteilung versetzen können.
d) Darüber hinaus müssen vor der Kurzarbeit wirtschaftlich zumutbare Gegenmaßnahmen wie das Anordnen von Aufräum- oder Instandsetzungsarbeiten getroffen worden sein.
e) Mindestens 10% der Beschäftigten müssen im betroffenen Kalendermonat jeweils einen Arbeitsentgeltausfall von mehr als 10% haben. (Bisher mussten mindestens 1/3 der Beschäftigten einen Entgeltausfall von jeweils mehr als 10% haben, § 96 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).
2. Betriebliche Voraussetzungen
In dem Betrieb muss mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer beschäftigt ist (§ 97 SGB III).
3. Persönliche Voraussetzungen
Derjenige, der Kurzarbeitergeld erhalten soll, muss eine versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzen (§ 98 Abs. 1 Nr. 1 a) SGB III). Diejenigen, die eine Tätigkeit aufnehmen, erhalten nur Kurzarbeitergeld, wenn die Aufnahme aus zwingenden Gründen oder im Anschluss an eine Berufsausbildung erfolgt (§ 98 Abs. 1 Nr. 1 b), c) SGB III). Das Arbeitsverhältnis darf dabei nicht gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag aufgelöst sein (§ 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Es darf kein Ausschluss vom Kurzarbeitergeldbezug vorliegen (§ 98 Abs. 1 Nr. 3 SGB III).
4. Anzeige des Arbeitsausfalls
Der Arbeitsausfall ist bei der Agentur für Arbeit anzuzeigen, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat (§ 99 Abs. 1 S. 1 SGB III). Er kann schriftlich oder elektronisch eingereicht werden.
Der Antrag muss zusammen mit einer Stellungnahme der Betriebsvertretung eingereicht werden. Der Arbeitsausfall muss begründet werden.
II. Bezugsdauer
Das Kurzarbeitergeld wird für maximal zwölf Monate gezahlt (§ 104 SGB III). Die tatsächliche Bezugsdauer hängt vom Einzelfall ab. Bei Unterbrechungen der Kurzarbeit von mindestens einem Monat kann die Bezugsfrist verlängert werden. Bei Unterbrechungen von drei Monaten oder mehr muss die Kurzarbeit erneut angezeigt werden.
Aktuell besteht die Möglichkeit, dass die Auszahlung von Kurzarbeitergeld auf 24 Monate verlängert wird.
III. Höhe der Bezüge
Das Kurzarbeitergeld beträgt für kinderlose Arbeitnehmer 60% des während der Kurzarbeit ausgefallenen Nettolohns. Arbeitnehmer, die mindestens ein Kind haben, erhalten 67% des ausgefallenen Nettolohns (§ 105 SGB III).
Beispiel: Der Arbeitnehmer verdient üblicherweise Euro 2.000,00 netto im Monat. Aufgrund der Kurzarbeit erhält er nunmehr nur noch Euro 1.000,00 im Monat. Der ausgefallene Nettolohn, die sog. Nettoentgeltdifferenz, beträgt also Euro 1.000,00.
Hiervon erhält der kinderlose Arbeitnehmer Euro 600,00 zusätzlich zu den Euro 1.000,00, die er durch Arbeit verdient hat. Er erhält also insgesamt Euro 1.600,00 netto. Der Arbeitnehmer, der Kinder hat, erhält Euro 670,00 zusätzlich zu den Euro 1.000,00, die er durch Arbeit verdient hat. Er erhält also insgesamt Euro 1.670,00 netto.
IV. Verhältnis von Entgeltfortzahlung und Kurzarbeitergeld
Hier wird unterschieden, ob die Arbeitsunfähigkeit vor der Kurzarbeit eingetreten ist oder bereits während der Kurzarbeit. Zur Unterscheidung gilt das Kalendermonatsprinzip. Ein Beginn der Arbeitsunfähigkeit während der Kurzarbeit liegt vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit in dem Kalendermonat eintritt, für den Kurzarbeit angemeldet ist.
1. Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Kurzarbeit
Bis zum Beginn der Kurzarbeit erhält der Arbeitnehmer den normalen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Wird im Betrieb trotz Kurzarbeit noch gearbeitet, erhält der arbeitsunfähig kranke Arbeitnehmer in den ersten 6 Wochen der Krankheit (also solange der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht) Entgeltfortzahlung für die verkürzte Arbeitszeit (§ 4 Abs. 3 EFZG). Zusätzlich erhält er Krankengeld in Höhe des Kurzarbeitergeldes in Bezug auf die Nettoentgeltdifferenz.
Wird im Betrieb nicht mehr gearbeitet (Kurzarbeit Null), erhält der arbeitsunfähig kranke Arbeitnehmer in den ersten 6 Wochen der Krankheit Krankengeld in Höhe des Kurzarbeitergeldes.
Besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr, erhält der Arbeitnehmer ausschließlich Krankengeld.
2. Arbeitsunfähigkeit nach Beginn der Kurzarbeit
Wird im Betrieb trotz Kurzarbeit noch gearbeitet, erhält der arbeitsunfähig kranke Arbeitnehmer in den ersten 6 Wochen der Krankheit (also solange der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht) Entgeltfortzahlung für die verkürzte Arbeitszeit. Zusätzlich erhält er Kurzarbeitergeld in Bezug auf die Nettoentgeltdifferenz.
Wird im Betrieb nicht mehr gearbeitet (Kurzarbeit Null), erhält der arbeitsunfähig kranke Arbeitnehmer in den ersten 6 Wochen der Krankheit Kurzarbeitergeld in Höhe des Kurzarbeitergeldes.
Besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr, erhält der Arbeitnehmer ausschließlich Krankengeld.
V. Selbständige
Als Selbständiger haben Sie nur dann Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn ein freiwilliges Pflichtversicherungsverhältnis gem. § 28a SGB III besteht. Haben Sie sich nicht freiwillig weiterversichert, können Sie Leistungen der Grundsicherung im Jobcenter beantragen.
VI. Wichtig für Arbeitgeber
Um Kurzarbeit anmelden zu können, benötigen Sie die ausdrückliche Zustimmung Ihrer Mitarbeiter, es sei denn, im Arbeits- bzw. Tarifvertrag finden sich hierzu bereits entsprechende Regelungen.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, in Vorleistung zu gehen. Er erhält rückwirkend eine Erstattung des Kurzarbeitergeldes.
Sie Sozialversicherungsbeiträge müssen auch weiterhin abgeführt werden. Sie erhalten allerdings rückwirkend ab 01.03.2020 die vollen Sozialversicherungsleistungen rückerstattet.
Das Formular zur Anzeige über Arbeitsausfall finden sie hier.
Den Antrag auf Kurzarbeitergeld finden Sie hier.
Es ist auch möglich, das Kurzarbeitergeld online zu beantragen. Weitergehende Informationen dazu finden Sie hier.
VII. Wichtig für Arbeitnehmer
Mich haben in den letzten Tagen viele Anfragen von Arbeitnehmern erreicht, ob sie verpflichtet sind, der Kurzarbeit zuzustimmen. Nein – eine entsprechende Verpflichtung hierzu gibt es nicht. Arbeitnehmer sollten jedoch eines bedenken: Der Arbeitgeber möchte Kurzarbeit anmelden, um Arbeitsplätze zu erhalten. Stimmt der also nicht zu, gibt es vor allem zwei mögliche Konsequenzen für ihn. Entweder, er erhält vom Arbeitgeber eine betriebsbedingte Änderungskündigung. Das bedeutet, er kündigt dem Arbeitnehmer und bietet ihm zugleich einen neuen Arbeitsvertrag zu geänderten Konditionen an. Es wird sich aktuell um eine Reduzierung der vertraglichen Arbeitsstunden und/oder um eine Reduzierung des (Stunden-)Lohns handeln. Erklärt sich der Arbeitnehmer mit den Änderungen nicht einverstanden, verliert er seinen Arbeitsplatz. Alternativ kann es sein, dass dem Arbeitnehmer ohne Angebot eines geänderten Vertrages gekündigt wird. Bei der Kündigung müssen natürlich die gesetzlichen Voraussetzungen beachtet werden, vor allem das Kündigungsschutzgesetz.
Gerne unterstütze ich Sie bei der Antragstellung und berate Sie zum Thema Kurzarbeit.